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Oratorium - Der Gebetsraum im Kloster

Im Jahr 2002 wurde ein Architekt, DI Michael Lingenhöle, damit beauftragt, ein modernes Oratorium zu planen und auszuführen.

Ihn beflügelte die Idee, in den unförmigen Raum mit unterschiedlichem Bodenniveau, Mauervorsprüngen, Ecken,  Halbsäulen und uneinheitlichen Fensteröffnungen eine schiffsrumpfähnliche Holzkonstruktion einzusetzen, die das Tageslicht aus einer kreisrunden Deckenöffnung von oben einlässt. Der innere Raum aus Birnenholz-Lamellen erinnert in der Form an die Arche Noah und ermöglicht ungestörte Konzentration, Verinnerlichung und Meditation. Abends ist das Oratorium nur durch Spotlights und indirekte Beleuchtung dämmrig erhellt.

Das neogotische Eichenholz-Chorgestühl besteht aus zwei gleichen Blöcken zu je 9 Plätzen, die einander gegenübergestellt sind, sodass in der uralten Tradition der antiphonale Wechselgesang, bzw. das Wechselgebet Vers für Vers erst von der einen, dann von der anderen Seite ertönen kann.

Die kleinen Quadrate und Rechtecke aus verschiedenfarbigem Glas, die sporadisch zwischen die Holzlatten eingesetzt sind, könnten auch die Choralnotation auf den 4 Notenlinien der Antiphonare versinnbildlichen.

In der Mitte zwischen den beiden Chorgestühlen, gegen das Fenster zum Hochchor hin, steht auf einem schlanken Steinsockel ein kleiner Tabernakel aus dunkelrotem Pressglas, darüber ein ausdrucksvolles spätgotisches Holzkruzifix (geschnitzt um ca. 1490).

Das Oratorium ist dem Seligen Liberat Weiss geweiht, einem franziskanischen Märtyrer, der auch eine Zeit lang (1693/1703) im Grazer Konvent verbracht hatte. {Eine Gedenktafel für ihn und seine Leidensgefährten befindet sich an der Südseite des Langhauses der Kirche.}

Die Geschichte des Oratoriums im Franziskanerkloster

Im ersten Stock des Klostertrakts südlich an den Hochchor angebaut befindet sich das Oratorium. Es dient als abgeschlossener Raum dem gemeinsamen Gebet der Brüder zu den gebotenen Zeiten der ‚Laudes’, der ‚Sext’ und der ‚Vesper’. Ursprünglich fand es im dafür geschaffenen Hochchor der Kirche - durch einen Lettner vom Langhaus getrennt – hinter dem Hochaltar statt. Für alte und kranke Brüder war es aber auch möglich, vom Oratorium herab an den Gebetszeiten sowie am Gottesdienst teilzunehmen.

Das Oratorium hatte man wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 18. Jh in den an die Kirche angrenzenden Teil des Renaissance – Arkaden-rundgangs im 1. Stock eingebaut, wodurch dieser unterbrochen wurde.

Aus der Klosterchronik erfahren wir nur, dass das Oratorium, eben dieser Chorraum der Brüder, 1734 einen Boden von Lärchenholzdielen und ein Chorgestühl aus Nussholz erhielt. Weiters wurde dort ein kleiner Altar mit Heiligenstatuen und einem großen neuen Gemälde errichtet. {Bei dem Gemälde könnte es sich um den ‚Hl. Franziskus’ von Martin Altomonte (1657-1745) handeln, das sich noch bis 2000 dort befand.}

1784 wurde der Hochchor der Kirche durch Versetzung des Hochaltars an den östlichen Chorschluss in ein Presbyterium umgewandelt. Zumindest seit damals diente das Oratorium im ersten Stock allen Brüdern als gemeinsamer Gebetsraum.

1934 erhielt der Konvent von der Gemeinde Judenburg als Dauerleih-gabe aus der aufgelassenen Klosterkirche die steinerne Altar-Mensa, auf welcher der Hl. Johannes von Kapistran im Jahr 1455 die Messe zelebriert hatte. Sie wurde auf dem Altar des Oratoriums eingesetzt.

Nach dem Umbau des Oratoriums im Jahr 2002 brachte man die Mensa-Platte zur Erinnerung an den Heiligen, der auch als Begründer der Franziskaner-(Observanten-)Klöster in Judenburg, Wien, Lankowitz und Graz gilt, an der Nordwand des Presbyteriums an.

1945 wurde auch dieses Oratorium durch den Bombentreffer ziemlich stark in Mitleidenschaft gezogen, jedoch notdürftig wieder hergestellt.