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Ostern 2014

Der Ostermorgen – gibt es Vergleichbares im ganzen Jahr? Da ist etwas in uns, um uns, über uns, in der Schöpfung draußen und in der Seele drinnen, das ist anders als sonst. Es ist wie das Angekommen-Sein nach einer Fahrt, oder bei einem Fest, das eröffnet wird.

Das Ziel ist erreicht, auch wenn man sich erst darauf einstellen muss. Noch sitzt die Müdigkeit in den Gliedern, die Sinne sind noch stumpf. So ähnlich mag es Maria Magdalena gegangen sein, als sie zum Grab kam. Nicht umsonst heißt es, „es war noch dunkel.“ Eine Aussage, die beim Evangelisten  Johannes immer auch eine symbolische Bedeutung hat. Auch Petrus und Johannes, die herbeigeeilt kommen, haben noch keine Ahnung, was da wirklich passiert ist. Der erste, der begreift, ist Johannes, der den Beinamen trägt „der Jünger, den Jesus liebte“. Und die Liebe sieht eben, wenn es für die andern „noch dunkel“ ist. Aber von ihm heißt es: “Er sah und glaubte.“ Johannes ist schon angekommen im Ereignis. Er ist der Erste, der dieses Wort begreift: Auferstehung.

Aber dieses Wort begreifen, das bleibt heute ebenso eine Herausforderung für den menschlichen Verstand wie damals, am Auferstehungsmorgen. Wir können uns immer nur auf Vergleich stützen, um das Unvergleichliche unserem Verstand näher zu bringen:
Jetzt, da rund um uns alles österlich blüht, die Blumen und die Bäume. Nehmen wir einmal an, das Samenkorn wüsste, was später aus ihm erblühen wird. Dann ist das nämlich genau das, was Christen wissen am Ostermorgen. Wir wissen, was für ein Erblühen in uns eingesenkt wurde. Oder sollen wir es technisch sagen? Welches neue Programm, mit dem das bloß naturbestimmte und todverfallene Leben abgelöst wird.

Paulus hat es mit einem Vergleich aus dem Brotbacken verdeutlicht. Wir sollen, sagt er, „den alten Sauerteig der Sünde wegschaffen“, „den Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit.  „Seid ein neuer Teig!“ ruft er den Korinthern zu. Oder, wieder modern gesagt: Ihr habt ein neues Programm in euch. Was murkst ihr mit dem alten herum?“ Denn alles, was der Mensch neu macht, bleibt im Grunde doch alt. Wir haben zu jeder Zeit den technischen Fortschritt bewundert – aber die Probleme blieben erhalten. Weil das Programm Fehler hat. Das alte Programm steckt voller Viren, Paulus nannte sie „Bosheit und Schlechtigkeit.“ Und dafür gibt es viele Formen: Ausbeutung, Neid, maßlose Gewinnsucht, Leichtsinn...

Das neue Programm, das mit der Auferstehung vor aller Welt erscheint, ist ein Leben in innerer Freiheit, wo der Mensch nicht mehr die wilden Kämpfe um sein Ich führt, gegen Andere. Unsere gesamte Kultur drängt uns in diese ich-bezogene Lebensweise hinein. Wer sich nicht daran beteiligt, gilt als naiv und zumindest nicht auf der Höhe der Zeit.
Von Christus her bekommen wir eine neue Einschätzung des Lebens. Der Auferstandene zeigt auf seine Wunden und sagt uns: „Das ist das Ergebnis der alten Denkweise. Es sind Wunden, die die Menschen einander zufügen. Weil die Menschen von ihrer Ich-Logik beherrscht waren, musste ich sterben. Diese Ich-Logik habe ich aufgedeckt. Und jetzt, durch meinen Tod am Kreuz, könnt ihr euch davon distanzieren. Ich habe das gelitten, um euch das neue Leben in der Gemeinschaft mit mir und in guter Gesinnung gegenüber allen Menschen zu schenken. Du stehst schon jetzt, wenn du willst, schon jetzt im Licht des ewigen Lebens.“

Freilich, der Osterglaube darf nicht ein isoliertes Einmal-pro-Jahr-Ereignis sein: Jeder Sonntag ist Tag der Auferstehung. Dürfen wir es zulassen, dass die Auferstehung ab heute wieder für ein Jahr lang zur Nebensache wird? In seinem Rundschreiben über das Evangelium richtet sich Papst Franziskus an alle Christen: „Ich lade jeden Christen ein, gleich an welchem Ort und in welcher Lage er sich befindet, noch heute seine persönliche Begegnung mit Jesus Christus zu erneuern oder zumindest den Entschluss zu fassen, sich von ihm finden zu lassen, ihn jeden Tag ohne Unterlass zu suchen. Es gibt keinen Grund, weshalb jemand meinen könnte, diese Einladung gelte nicht ihm, denn niemand ist von der Freude ausgeschlossen, die der Herr uns bringt.“

Dieser Einladung wollen wir unser Herz öffnen. Der Auferstehung wollen wir mit der Freude des Glaubens antworten. Nicht mit der Nostalgie einer Jugenderinnerung. Nicht mit der Erweckung von Feiertagsgefühlen. Wir sind doch dem Auferstandenen begegnet, in der Feier der Eucharistie, in den Zeichen von Osterkerze und Alleluja-Ruf  Die Botschaft des Ostermorgens ist heute wieder zu uns gedrungen, wie einst zu den Frauen und Aposteln. Und wir bekennen: Sie ist auch bei uns angekommen. Auch wenn wir nach wie vor damit kämpfen, ganz zu erfassen, was uns da geschehen ist.


P. Willibald Hopfgartner