Drucken
HomeAktuellesPfarrlebenOrdenslebenKlosterVeranstaltungenVerkündigungSpendenKontakt
Begleitimpulse Fastenzeit

Dieser Text steht auch als Download zur Verfügung.

Bitte klicken Sie hier [pdf]

Home  >  Verkündigung  >  Philosophie  >  Gedanken zur Beichte

Der äußere und der innere Mensch

Menschen shoppen in den Straßen, joggen durch den Park oder stapfen auf die Berge: Die Welt ist die Bühne, auf der sie sich bewegen. Was man von ihnen sieht, ist das Äußere, der sichtbare Teil. Jeder hat aber auch noch einen unsichtbaren Teil, sein verborgenes Inneres. Das ist der Bereich, wo der Mensch sich mit seinen Lebensfragen auseinandersetzt. Bin ich auf einem guten Weg? Wo stehe ich jetzt? Lebe ich richtig? Was ist daneben gegangen? Dieser Teil unseres Innern ist nie ruhig, ganz gleich wo man ist oder wohin man fährt. Diesen unruhigen Teil zeigt man nicht nach außen. Besonders wenn man spürt, ich bin nicht in Übereinstimmung mit mir selbst.

Als Priester im Beichtstuhl kann man es oft erleben: Dass Menschen froh sind, endlich auch über diesen unruhigen Teil in sich selber sprechen zu können. Über das Unreife und Rechthaberische, das uns im Alltag so oft mit sich fortgerissen hat. Und weshalb wir immer mehr die Übereinstimmung mit uns selbst verloren haben. Und so noch rechthaberischer geworden sind. Es geht uns dann wie dem Dorian Gray in der berühmten Erzählung von Oscar Wilde: Vor den Menschen ist sein Bild immer noch okay, aber vor sich selber ekelt es ihn.

Der Apostel Paulus beschreibt diese ganze innere Not in unübertrefflicher Ehrlichkeit: „Das Wollen ist bei mir vorhanden, aber ich vermag das Gute nicht zu tun. Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will. Ich stoße auf das Gesetz, dass in mir das Böse vorhanden ist, obwohl ich das Gute tun will. Ich unglücklicher Mensch! Wer wird mich aus diesem dem Tod verfallenen Leib erretten?“ (Röm 7, 18-19.21.24) Es gibt im Menschen einen Zwiespalt, der für ihn selbst unlösbar ist. Nur Gott kann ihn auflösen.

Hier liegt auch die größte Schwierigkeit für den modernen Menschen. Dass er sich von Gott helfen lässt. Er glaubt, auf menschliche Probleme kann es nur eine menschliche Lösung geben. Er kann sich nicht vorstellen, dass Gott wirklich etwas bewirken kann in ihm. Dass es ein Wort gibt, das den Zwiespalt im Innern auflösen kann. Dieses Wort, das der Priester in göttlicher Vollmacht ausspricht, lautet: „Ich spreche dich los von allen deinen Sünden.“ Was so viel heißt wie: „Ich versenke all dein Versagen im Feuermeer der göttlichen Vergebung. Du bist nicht mehr darauf festgenagelt – so wie Menschen das tun, wenn sie einen anderen auf seine Fehler festnageln – das vergangene Versagen ist wirklich vergangen, du bist frei für eine neue Zukunft.“

Das ist das Wesentliche der Beichte: Sie befreit dich vom Gewicht deines Versagens. Du musst jetzt nicht mehr dich selbst ablehnen wegen deiner moralischen Fehler, du musst nicht mehr die anderen anklagen, damit du vor dir selbst besser dastehen kannst. Die Beichte ist wie die Entminung eines Geländes, wo man vorher nie wissen konnte, wo etwas explodiert. Das vergangene Versagen verliert in der Beichte sein explosives Potential. Wir ahnen gar nicht, was für eine Wirkung das Wort der Sündenvergebung hat. Es dringt in unsere Seele ein, es beruhigt unser Herz und befreit unseren Geist. Wie oft habe ich Leute aus der Beichtkammer hinausgehen sehen, mit einem frohen Gesicht, nachdem sie mit allen Anzeichen von Seelenqual hereingekommen sind!

Die Beichte gibt dir eine neue Seelenordnung, mit der du auch deine kommenden Entscheidungen zuversichtlich und mutig fällen kannst. Die Kompassnadel wurde korrigiert, sie zeigt wieder dorthin, wo die Richtung stimmt. Franz von Assisi hat diese Kompassnadel auf seine Weise definiert: „Was der Mensch vor Gott ist, das ist er und nicht mehr.“ Wo das klar ist, gehen wir dem Un-Sinn des Bösen aus dem Weg. So wird aus dem Weg nach der Beichte ein neuer Weg mit Gott.

Denn darin liegt das Problem. Dass man in unserer oberflächlichen Gesellschaft so leicht Gott vergisst, ihn verlässt, seinen Namen geringschätzt, alles was von ihm kommt als Last ansieht. Und so tappen die Menschen in ihre eigenen Fallen. Die Umkehr, zu der uns die Bibel aufruft, besteht genau darin: aus der Geringschätzung Gottes zum Leben in Freundschaft mit Gott zurückkehren. Dann geht man shoppen, joggen oder auf die Berge, hinaus auf die Bühne der Welt. Aber jetzt ist Gott dabei – und das Innere ist frei.

P. Dr. Willibald Hopfgartner OFM